Um diese Geschichte zu erzählen muss ich glaube ich ein
bisschen weiter ausholen, sonst versteht man den Zusammenhang und wie es sich
alles ergeben hat glaube ich nicht.
Es begann alles zu Beginn der Meisterschule:
Als ich Februar des letzten Jahres meine Ausbildung zum
Zimmermeister begann lernte man viele neue Leute kennen. Die einen kommen weit
aus dem Norden, fast an der dänischen Grenze und andere weit aus dem Süden oder
gar aus der Schweiz, so versammelt sich jedes Jahr in Kassel am Anfang des Jahres
ein bunter Haufen, die den Weg zum Meister zusammen bestreiten wollen.
Am Anfang um seine Dozenten erst mal kennen zu lernen und
ein bisschen was von sich zu erzählen kommen etliche Vorstellungsrunden, wer
ist man, was hat man vorher gemacht, wie lange gearbeitet oder andere
Vorschädigungen, die man der Klassengemeinschaft anvertrauen will.
Jedes Mal wenn diese Runde bei einem meiner Kollegen
angelangt war, kam die ganze Runde ins stocken.
‚Wo kommen Sie nochmal her?’
‚Können Sie das nochmal wiederholen?’
‚Im Ernst? Und was machen Sie dann hier?’
Viele Fragen prasselten auf meinen jungen Kollegen Florian
ein, denn wo andere Aussagen wie Bremen, Hagen oder Cloppenburg nur ein müdes
Lächeln hervorriefen, machte die Aussage ‚Namibia’ schon einen anderen Eindruck.
Viele wollten es gar nicht glauben, wie die meisten von uns allgemein nicht.
Namibia, wo ist das denn und was machst du da? Baut man da überhaupt so wie bei
uns und was macht man als Zimmermeister in Namibia, da wird doch alles noch aus
Lehm gebaut oder Blechhütten, da brauch man doch keinen Zimmermann.
Aber nach einigen Gesprächen mit ihm war klar, dass das Land
auch eine andere Seite hat und da sehr wohl ein großer Markt vorhanden ist. Als
ehemalige deutsche Kolonie ist Namibia immer noch sehr stark mit Deutschland
verbunden, es gibt eine sehr große weiße Gemeinde mit Vorfahren aus Deutschland
und auch die Architektur ist eine andere, wie man sich das vielleicht
vorstellt.
Man verbrachte über Zeit viele Stunden zusammen und lernte
sich besser kennen, zwei weitere Kollegen, die erst in der anderen Klasse
waren, dann aber aufgrund der Wahl des CAD-Programmes in unsere Klasse kamen,
mischten die ganze Situation noch ein bisschen auf.
Von links: Meine Wenigkeit, Florian, Alex und Julian
Zum einen Alex Wagener, besser bekannt als ‚Popov’. Kommen
tut der Name von einem russischen Schwimmer, der einen Weltrekord hatte und als
Sinnbild für Alex Erfolg steht, der einen langen beschwerlichen Weg zu seinem
Meistertitel bestritten hatte. Ein Riese mit einer unglaublich tiefen Stimme.
So tief, dass manchmal beim Telefonieren der Lautsprecher Schwierigkeiten hat
seine Stimme überhaupt wiederzugeben. Ein Mann der großen Worte ist unser
Kollege aus dem Pott zwar nicht, seine hemmungslose Ehrlichkeit und
Geradlinigkeit sind eher seine prägenden Charakterzüge. Wenn der Kerl was sagt,
dann meint er auch so. Wenn man ein Problem mit ihm hat, wird dieses nicht
lange vor sich her geschoben, man bekommt direkt einen vor den Bug geschossen.
Ein Baum von einem Kerl mit Ecken und Kanten, den man zu 100% beim Wort nehmen
kann.
Zum anderen war da Julian Pesch ,ein unglaublich
wissbegieriger Kerl, der jedes kleine Detail der Ausbildung förmlich wie ein
Schwamm aufzusaugen schien. Immer noch eine Frage, immer noch eine Anmerkung
und nochmals nachhakend ist er jemand, der es nicht nur zu 100%, sondern zu
1000% sicher haben will.
Ein Weltenbummler genau wie ich war er schon eine Zeit in
Neuseeland und hat somit auch schon was Reisen angeht eine Vorschädigung. So
ernst er auch die Arbeit und das fachliche nimmt, so viel Spaß kann man mit ihm
abseits davon haben. Dann scheinen nämlich manchmal auch seine Sicherungen
durchzubrennen und er kann hemmungslos feiern. Immer ein Lächeln auf den Lippen
geht es nonstop bis zum geht-nicht-mehr, an Energie scheint es ihm nie zu
mangeln.
Florian ist der Ruhepol unserer Truppe. Meist hält er sich
etwas bedeckt und agiert mehr im Hintergrund, kein Mensch der gerne im
Mittelpunkt steht, was aber nicht heißt, dass man sich nicht gut mit ihm
unterhalten könnte. Ganz im Gegenteil, kommt er mal aus sich heraus, kann man
sehr gute Gespräche mit ihm führen und auch wirklich sehr viel Spaß haben.
Unser Reiseführer ist ein stilles, tiefes Wasser, der mit seiner Art und seinem
Engagement in Namibia sicherlich noch eine große Zukunft erwartet.
Irgendwann zum Anfang der ersten Prüfungen, ich weiß es noch
genau, standen wir vier zusammen im Unterricht im Tagungsraum, ein großer Raum
mit breiten Stoffsesseln, in den wir ausweichen mussten, weil mal wieder
irgendwelche Arbeiten in unserem eigentlichen Klassenraum ausgeführt werden
mussten.
Alex und Julian erzählten mir von ihren Plänen, dass sie
nach der Schule sich vorstellen könnten eine Zeit mit Florian nach Namibia zu
gehen.
Nach Namibia gehen... nochmal ein Zeit weg gehen, bevor man
sich längerfristig an eine Firma bindet, nochmal raus und was von der Welt
sehen bevor der ‚Ernst des Lebens’ wirklich startet...
Eine Idee, die in meinem Kopf zu wachsen schien und mich
nicht in Ruhe zu lassen. Mein Interesse war geweckt und nach langen
Überlegungen und nachdem ich auch mal mit meinen Eltern über das Thema
gesprochen hatte war klar, mein Gott, ich muss mit!
Also fragte ich Florian, sprach mit Popov und Julian ob sie
damit einverstanden wären und es ging schneller als man es vorstellen kann war
die Sache in trockenen Tüchern.
Jetzt gab es nur noch ein Ziel, lernen und die Schule
schaffen und danach ab nach Afrika.
Viele Stunden habe ich vor dem Schreibtisch verbracht, bei
Kollegen oder in der Schule um es zu schaffen und im Januar war es endlich so
weit, ich konnte voller Stolz meinen Zimmermeisterbrief in der Hand halten.
Viele Nerven und grauen Haare hat es mich gekostet, aber ich
habe es letztendlich doch geschafft.
Und Nahtlos ging es in den zweiten Meister über, einen
ganzen Tag Urlaub hat man uns gegönnt und es ging ohne Unterbrechung weiter.
Von Motivation konnte man teilweise nicht mehr sprechen, es
war mehr ein Kampf mich überhaupt noch den längst überdrüssigen Weg nach Kassel
zu schleppen.
Wir lernten ein komplettes Gewerk komprimiert auf
viereinhalb Monate, ein Crashkurs mit einem Tempo sondergleichen. Gerade einmal
mit Schiefer und Biber angefangen mussten wir uns schon entscheiden, wie wir
unsere Prüfung machen wollen. Es ging nur voran und wer nicht mitkam, hatte
halt Pech gehabt.
Aber auch mit viel Mühe darf ich mich jetzt voller Stolz
Doppelmeister nennen und nach einer sehr genialen Meisterfeier, wo wir nochmal
alles gegeben hatten, ging es daran alles restliche für die Reise zu
organisieren.
Behördenwege, Bank, Versicherung, zwischendurch noch mal
eben die letzte Baustelle fertig gestellt konnte es endlich losgehen. Natürlich
musste ich mich noch gebührend bei allen meinen Freunden und Bekannten
Verabschieden, natürlich stolz meine zwei bestandenen Meister feiern und meinen
Geburtstag nach, es gab also allen Grund es nochmal so richtig krachen zu
lassen und ich finde, dass haben wir auch ganz gut getan!
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