Mittwoch, 18. Juli 2018

Jetzt geht's los!


So, jetzt aber genug der Vorgeschichte. Jetzt geht’s los!
Nachdem wir nochmal zusammen mit der Familie gegessen hatten und ich mich von allen verschiedet hatte, vor allem von meiner zuckersüßen kleinen Nichte Carlotta, die ich leider auch ein halbes Jahr nicht sehen kann, ging es am 20ten Juni zum Flughafen. Mein Flug ging erst Abends um 22:35 und 10 Stunden lang durch die Nacht bis in die Hauptstadt von Namibia, Windhoek.
Es war wie zu erwarten ein sehr emotionaler Abschied, aber ich sah auch voller Vorfreude auf die Zeit in Namibia!
Gereist bin ich natürlich in Kluft, auf der einen Seite aus Stolz, auf der andere Seite ist die wunderschöne traditionelle Kleidung auch die sperrigste und schwerste in meinem Gepäck. Außerdem liegen Schlaghosen mal wieder voll im Trend, also bin ich ebenfalls modisch voll auf dem neusten Stand, wenn sich das nicht mal wieder nach einer Woche gleich wieder geändert hat!
Am Gate noch eben ein bisschen Fußball geguckt stand ich am Gate und abrupt spricht mich jemand an.
Na wo wollen sie denn hin?
Nach Namibia einen Freund besuchen!
Lassen Sie mich raten, Christian Hess?
So ähnlich, sein Mitarbeiter Florian!
So lernte ich Markus kennen, ebenfalls Zimmermeister und arbeitet auch in der selben Firma, in der ich erst mal drei Wochen arbeiten will, um nochmal eine andere Erfahrung mitzunehmen und für den Trip ein bisschen Geld zu verdienen.
Holzbau Hess ist ein irres Unternehmen und Christian der Kopf davon, ein Querdenker, der vor keinen Herausforderung zurückschreckt. Was er hier in Namibia aufgebaut hat ist der pure Wahnsinn, so viele Arbeitsweisen und Abläufe, die er durch seinen Erfindergeist entwickelt und patentieren lassen hat. Von diesem Mann können wir eine Menge lernen und alleine schon dieser Kontakt und die Erfahrungen, die wir machen werden, ist die Reise wert und ich will versuchen alles mitzunehmen, was ich kann.







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Auf dem Flug ist mir natürlich auch wieder ein Ding passiert, angefangen hat alles ziemlich gut, ich habe an einem Notausgang einen Platz gebucht mit unglaublich viel Platz und hab direkt ne nette Familie kennengelernt, die mit ihrer süßen kleinen Tochter auch auf Reisen gegangen sind. Das Essen war ganz okay und ich konnte um halb 2, nachdem ich endlich mit meinem Film abgeschlossen hatte, ein wenig Schlaf finden. Ich hatte nur leider vergessen, dass ich meine Wecker noch gestellt hatte und so dröhnte um Punkt 7 lautstark ‚Ariel die Meerjungfrau’ durch das Flugzeug. Ja das ist wirklich mein Weckton, da kriegt man morgens ein bisschen bessere Laune ;)
Ich hatte mein Handy natürlich nicht gleich gefunden und so war glaube das halbe Flugzeug wach... naja, kann man nicht ändern.
Endlich in Windhoek gelandet hat mich Flo abgeholt und wir haben erstmal ne SIM-Karte gekauft und ohne lange Umwege ging es auf die Baustelle, ich hatte ja meine Arbeitsklamotten schon an.
Ich hab mir erstmal die wahnsinnigen Sachen angeguckt, die Christian hier so entwirft, es ist einfach nur irre. Alles gebogen, steigend oder mit wahnsinnigen Grundrissen, nichts normal oder gerade und schon gar nichts gleich, alles ist in seiner Art unterschiedlich.
Das ist Popovs Baustelle, an der ich am ersten Tag direkt angefangen habe. Alles schief und krumm, steigende Pfetten und die Dachflächen laufen schräg ineinander.






Am Abend haben wir erst mal alle ein Bier zusammen getrunken und ich hab meine Kollegen kennen gelernt. Hab mich natürlich unheimlich gefreut Popov und Julian wieder zu sehen, ich freue mich jetzt schon unglaublich auf die Dinge, die da kommen!


Hier sind wir am ersten Abend ein Bier trinken im Roof of Africa, die Anlaufstelle der Wandergesellen in Windhoek. Der Junge Mann hinter Florian ist übrigens Christoph, ein Wandergeselle, der auch bei Christian arbeitet.


Am Wochenende sind auch schon die ersten coolen Dinge passiert, ich durfte am Freitag Abend schon die Namibianische Art des Grillens kenne lernen, die wir so oft es auch zelebrieren:
Das Braaien.
Beim Braai wird erst ein offenes Feuer gemacht mit Harthölzern, die dann eine schöne Glut ergeben, also ganz ohne Kohlen und darüber wird dann ein Rost gelegt und das Fleisch in einem Korb geklemmt, der dann im Ganzen über das Feuer gelegt wird. Dadurch entsteht ein unvergleichlicher Geschmack und mit dem Korb lässt sich ohne Zange perfekt alles gleichzeitig drehen, praktisch und lecker, besser geht’s nicht!




Zum Schluss kommen dann die Braaibroodjie auf den Grill, das sind Toasts mit Käse, Zwiebeln, Tomate und Chutney... einfach ein Traum, so einfach es sich auch anhört, so genial ist es auch.




Es war ein sehr gelungener Abend und wir haben noch sehr lange am Feuer gesessen und uns unterhalten, vor allem Dirk, ein Kollege aus der Firma, der eigentlich nur noch aus Spaß ein bisschen bei Christian arbeitet. Eigentlich brauch er nicht mehr so viel zu machen, aber er ist halt gerne beschäftigt und macht Kleinigkeiten. Wir haben glaube bis um halb 3 am Feuer gesessen und uns unterhalten.

Am Samstag haben wir direkt wieder angefangen zu Braaien und zu trinken, Abends wollten wir dann eigentlich in die Kneipe und das Deutschlandspiel gucken, es kam dann aber doch alles ganz anders. Wir waren erst auf dem Berg direkt neben unserem Haus, eine atemberaubende Aussicht über ganz Windhoek.






Und haben dann bei unseren Nachbarn geklingelt, weil wir uns mal vorstellen wollten. Die haben uns dann spontan zum Fußball gucken eingeladen, was wir natürlich auch dankend angenommen haben.








Nachdem wir dann an dem Tag gefühlt jeder 2kg Fleisch gegessen hatten waren mussten wir am Sonntag erstmal mit einem Obstsalat starten, um den Vitaminhaushalt wieder auf ein normales Level zu bekommen.
Gut gestärkt sind wir zu einem Staudamm in der Nähe gefahren und wollten dort eigentlich Braaien, aber der Campingplatz hatte seit 2016 geschlossen und sind wir mal über den Zaun geklettert, haben dann aber relativ schnell beschlossen dort wieder weg zu gehen und waren ein wenig enttäuscht. Aber wir lassen uns auch von so etwas nicht entmutigen und haben uns einfach vor dem Tor hingelegt.


 Manchmal brauch man nicht viel um Glücklich zu sein. Ein paar gute Freunde, Musik und ein bisschen Zeit...



Aller Anfang ist Schwer


Um diese Geschichte zu erzählen muss ich glaube ich ein bisschen weiter ausholen, sonst versteht man den Zusammenhang und wie es sich alles ergeben hat glaube ich nicht.
Es begann alles zu Beginn der Meisterschule:
Als ich Februar des letzten Jahres meine Ausbildung zum Zimmermeister begann lernte man viele neue Leute kennen. Die einen kommen weit aus dem Norden, fast an der dänischen Grenze und andere weit aus dem Süden oder gar aus der Schweiz, so versammelt sich jedes Jahr in Kassel am Anfang des Jahres ein bunter Haufen, die den Weg zum Meister zusammen bestreiten wollen.
Am Anfang um seine Dozenten erst mal kennen zu lernen und ein bisschen was von sich zu erzählen kommen etliche Vorstellungsrunden, wer ist man, was hat man vorher gemacht, wie lange gearbeitet oder andere Vorschädigungen, die man der Klassengemeinschaft anvertrauen will.
Jedes Mal wenn diese Runde bei einem meiner Kollegen angelangt war, kam die ganze Runde ins stocken.
‚Wo kommen Sie nochmal her?’
‚Können Sie das nochmal wiederholen?’
‚Im Ernst? Und was machen Sie dann hier?’
Viele Fragen prasselten auf meinen jungen Kollegen Florian ein, denn wo andere Aussagen wie Bremen, Hagen oder Cloppenburg nur ein müdes Lächeln hervorriefen, machte die Aussage ‚Namibia’ schon einen anderen Eindruck. Viele wollten es gar nicht glauben, wie die meisten von uns allgemein nicht. Namibia, wo ist das denn und was machst du da? Baut man da überhaupt so wie bei uns und was macht man als Zimmermeister in Namibia, da wird doch alles noch aus Lehm gebaut oder Blechhütten, da brauch man doch keinen Zimmermann.
Aber nach einigen Gesprächen mit ihm war klar, dass das Land auch eine andere Seite hat und da sehr wohl ein großer Markt vorhanden ist. Als ehemalige deutsche Kolonie ist Namibia immer noch sehr stark mit Deutschland verbunden, es gibt eine sehr große weiße Gemeinde mit Vorfahren aus Deutschland und auch die Architektur ist eine andere, wie man sich das vielleicht vorstellt.
Man verbrachte über Zeit viele Stunden zusammen und lernte sich besser kennen, zwei weitere Kollegen, die erst in der anderen Klasse waren, dann aber aufgrund der Wahl des CAD-Programmes in unsere Klasse kamen, mischten die ganze Situation noch ein bisschen auf.


Von links: Meine Wenigkeit, Florian, Alex und Julian

Zum einen Alex Wagener, besser bekannt als ‚Popov’. Kommen tut der Name von einem russischen Schwimmer, der einen Weltrekord hatte und als Sinnbild für Alex Erfolg steht, der einen langen beschwerlichen Weg zu seinem Meistertitel bestritten hatte. Ein Riese mit einer unglaublich tiefen Stimme. So tief, dass manchmal beim Telefonieren der Lautsprecher Schwierigkeiten hat seine Stimme überhaupt wiederzugeben. Ein Mann der großen Worte ist unser Kollege aus dem Pott zwar nicht, seine hemmungslose Ehrlichkeit und Geradlinigkeit sind eher seine prägenden Charakterzüge. Wenn der Kerl was sagt, dann meint er auch so. Wenn man ein Problem mit ihm hat, wird dieses nicht lange vor sich her geschoben, man bekommt direkt einen vor den Bug geschossen. Ein Baum von einem Kerl mit Ecken und Kanten, den man zu 100% beim Wort nehmen kann.
Zum anderen war da Julian Pesch ,ein unglaublich wissbegieriger Kerl, der jedes kleine Detail der Ausbildung förmlich wie ein Schwamm aufzusaugen schien. Immer noch eine Frage, immer noch eine Anmerkung und nochmals nachhakend ist er jemand, der es nicht nur zu 100%, sondern zu 1000% sicher haben will.
Ein Weltenbummler genau wie ich war er schon eine Zeit in Neuseeland und hat somit auch schon was Reisen angeht eine Vorschädigung. So ernst er auch die Arbeit und das fachliche nimmt, so viel Spaß kann man mit ihm abseits davon haben. Dann scheinen nämlich manchmal auch seine Sicherungen durchzubrennen und er kann hemmungslos feiern. Immer ein Lächeln auf den Lippen geht es nonstop bis zum geht-nicht-mehr, an Energie scheint es ihm nie zu mangeln.
Florian ist der Ruhepol unserer Truppe. Meist hält er sich etwas bedeckt und agiert mehr im Hintergrund, kein Mensch der gerne im Mittelpunkt steht, was aber nicht heißt, dass man sich nicht gut mit ihm unterhalten könnte. Ganz im Gegenteil, kommt er mal aus sich heraus, kann man sehr gute Gespräche mit ihm führen und auch wirklich sehr viel Spaß haben. Unser Reiseführer ist ein stilles, tiefes Wasser, der mit seiner Art und seinem Engagement in Namibia sicherlich noch eine große Zukunft erwartet.
Irgendwann zum Anfang der ersten Prüfungen, ich weiß es noch genau, standen wir vier zusammen im Unterricht im Tagungsraum, ein großer Raum mit breiten Stoffsesseln, in den wir ausweichen mussten, weil mal wieder irgendwelche Arbeiten in unserem eigentlichen Klassenraum ausgeführt werden mussten.
Alex und Julian erzählten mir von ihren Plänen, dass sie nach der Schule sich vorstellen könnten eine Zeit mit Florian nach Namibia zu gehen.
Nach Namibia gehen... nochmal ein Zeit weg gehen, bevor man sich längerfristig an eine Firma bindet, nochmal raus und was von der Welt sehen bevor der ‚Ernst des Lebens’ wirklich startet...
Eine Idee, die in meinem Kopf zu wachsen schien und mich nicht in Ruhe zu lassen. Mein Interesse war geweckt und nach langen Überlegungen und nachdem ich auch mal mit meinen Eltern über das Thema gesprochen hatte war klar, mein Gott, ich muss mit!
Also fragte ich Florian, sprach mit Popov und Julian ob sie damit einverstanden wären und es ging schneller als man es vorstellen kann war die Sache in trockenen Tüchern.
Jetzt gab es nur noch ein Ziel, lernen und die Schule schaffen und danach ab nach Afrika.
Viele Stunden habe ich vor dem Schreibtisch verbracht, bei Kollegen oder in der Schule um es zu schaffen und im Januar war es endlich so weit, ich konnte voller Stolz meinen Zimmermeisterbrief in der Hand halten.



Viele Nerven und grauen Haare hat es mich gekostet, aber ich habe es letztendlich doch geschafft.
Und Nahtlos ging es in den zweiten Meister über, einen ganzen Tag Urlaub hat man uns gegönnt und es ging ohne Unterbrechung weiter.
Von Motivation konnte man teilweise nicht mehr sprechen, es war mehr ein Kampf mich überhaupt noch den längst überdrüssigen Weg nach Kassel zu schleppen.
Wir lernten ein komplettes Gewerk komprimiert auf viereinhalb Monate, ein Crashkurs mit einem Tempo sondergleichen. Gerade einmal mit Schiefer und Biber angefangen mussten wir uns schon entscheiden, wie wir unsere Prüfung machen wollen. Es ging nur voran und wer nicht mitkam, hatte halt Pech gehabt.
Aber auch mit viel Mühe darf ich mich jetzt voller Stolz Doppelmeister nennen und nach einer sehr genialen Meisterfeier, wo wir nochmal alles gegeben hatten, ging es daran alles restliche für die Reise zu organisieren.



Behördenwege, Bank, Versicherung, zwischendurch noch mal eben die letzte Baustelle fertig gestellt konnte es endlich losgehen. Natürlich musste ich mich noch gebührend bei allen meinen Freunden und Bekannten Verabschieden, natürlich stolz meine zwei bestandenen Meister feiern und meinen Geburtstag nach, es gab also allen Grund es nochmal so richtig krachen zu lassen und ich finde, dass haben wir auch ganz gut getan!